Was mir mein ängstlicher Hund über Sprachangst beigebracht hat
- Sapana Gupta
- 9. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Am Wochenende waren wir im Harz und haben spontan beschlossen, mit der Seilbahn zu fahren—einer dieser Gondeln, die lautlos über die Baumwipfel gleiten und einen weiten Blick über die Hügel schweifen lassen.
Für Neo war es das erste Mal. Er ist unser ehemaliger Straßenhund und er hat Angst vor… na ja, fast allem 😅
Neue Umgebungen, plötzliche Bewegungen, unbekannte Geräusche—all das überfordert sein Nervensystem.
Sein Körper spannt sich an, der Schwanz hängt, und jeder Muskel scheint auf Flucht eingestellt. Es ist manchmal schwer mitanzusehen, aber es gehört zu ihm. Und wir haben gelernt, geduldig damit umzugehen.
In eine Gondel zu steigen und hoch über die Baumwipfel zu schweben, war für ihn also keine harmlose kleine Unternehmung. Es war ein großer Schritt.
Als wir losfuhren, war er sichtlich verängstigt—die Ohren nach hinten, der Körper steif, die Krallen in uns vergraben, als wollte er fliehen. Ich konnte spüren, wie sein ganzer Körper vor Angst vibrierte. Aber wir hielten ihn sanft, blieben ruhig und gaben ihm Zeit. Wir versuchten nicht, ihn abzulenken oder zu beruhigen. Und irgendwann, ganz langsam, hörte er auf, sich zu wehren. Seine Atmung wurde ruhiger. Sein Blick begann, das drumherum wahrzunehmen—die vorbeiziehenden Bäume, die Seile über uns, das leise Summen der Technik.
Und in diesem Moment musste ich an Sprachangst denken.
Wenn ich Menschen coache—besonders deutsche Fachkräfte, die Englisch lernen—sehe ich oft eine ganz ähnliche Art von Panik. Nicht unbedingt im Körper, aber im Kopf.
Man ist in einer neuen Situation. Vielleicht in einem Meeting. Im Gespräch mit einem Muttersprachler. Oder bei einer Präsentation. Die Wörter fliegen einem nur so um die Ohren. Der Druck ist hoch. Man versucht zu verstehen und gleichzeitig zu antworten. Und plötzlich—Leere. Nichts geht mehr. Der Kopf blockiert. Und man will einfach nur, dass es vorbei ist.
Das ist kein Wissensproblem. Das ist eine Reaktion des Nervensystems. So wie bei Neo tut auch unser Körper, was er tun muss, um zu überleben. Es geht nicht darum, dass man kein Englisch kann, sondern darum, dass das Gehirn unter zu viel Input und zu viel Druck einfach nicht mehr klar verarbeiten kann, was passiert.
Und was ich aus dem Coaching—und auch durch Neo—gelernt habe: Wenn der Druck ein wenig nachlässt, wenn man sich sicher, gesehen und nicht bewertet fühlt, dann passiert etwas.
Man kann langsamer werden.
Beobachten.
Präsent sein.
Und dann kommen die Worte. Das Gehirn beginnt zu verarbeiten. Kommunikation wird wieder möglich.
Das ist es, was ich in meinem Coaching versuche zu schaffen: Keinen Leistungsdruck—sondern einen Raum, in dem es okay ist, es einfach zu versuchen.
Denn Selbstvertrauen kommt selten vor dem Tun. Es entsteht im Tun. Moment für Moment.
Oder in Neos Fall—eine Seilbahnfahrt nach der anderen 🌱.






Kommentare